Die Schulbibliothek im Medienkonzept
Vorschläge für die Entwicklung eines Medienkonzepts zur Erlangung von Fördergeldern aus dem Digitalpakt Schule.
In dem folgenden Konzept geht es vor allem um die Begriffe Medien und Schulbibliothek. Unter Medien verstehen wir sowohl analoge (Bücher, Zeitungen, Zeitschriften …) als auch digitale Medien (Internet, Social Media, Ausgabegeräte …). Unter einer Schulbibliothek verstehen wir ein Medienzentrum, das zentral gelegen, ausreichend groß, professionell betreut und verlässlich geöffnet ist und so zu einem handlungsoffenen Begegnungs- und Bildungsraum wird.

Die Idee:
Pädagogische Orientierung
Digitalisierung in Schule wird vor allem unter der Prämisse der schlechten technischen Ausstattung von Schule diskutiert. Unter diesem Fokus wird Schule dem Digitalisierungsprozess immer hinterher hinken. Das muss nicht sein! Schule sollte sich auch hier auf ihre Kernkompetenz konzentrieren: Die Pädagogik! Aufgabe von Schule ist es, eine pädagogische Haltung gegenüber dem Prozess der Digitalisierung zu entwickeln, den Prozess der Digitalisierung und die damit verbundenen Veränderungen kritisch zu begleiten und Nutzungspotential sowie Nutzungsrisiken für den Einzelnen und die Gesellschaft aufzuzeigen. Aus dieser Haltung heraus gilt es, didaktische Konzepte zu entwickeln, wie Medien Teil des Unterrichts werden können. Der Digitalpakt Schule bietet die Gelegenheit, diesen Weg zu beschreiten, denn alle Schulen sind aufgefordert, bis Herbst 2019 ein technisch-pädagogisches Konzept zum Einsatz digitaler Medien zu entwickeln. Aufgrund fehlender Ressourcen (Fortbildung, Zeit …) findet in den Kollegien jedoch kaum eine Auseinandersetzung über Bedeutung der Digitalisierung für Pädagogik und Didaktik statt. Schule bedarf der Unterstützung, um das pädagogische Potential, das sich durch den Digitalisierungsprozess eröffnet, zu entwickeln. Schulbibliotheken kommt hier eine wichtige Mittlerfunktion zu.

Der Weg:
Veränderung der Lehr-Lern-Kultur
Die Berliner Schule verändert sich rasant: Sie wird nicht mehr als „Flurschule“ konzipiert, sondern Lern- und Teamhäuser sollen eine veränderte Lehr-Lernkultur ermöglichen und Schule durch Begegnungs- und Kommunikationsbereiche Schule interessanter und vielfältiger gestalten (Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie (Hrsg.): Standards für den Neubau von Schulen. 2018). Das ist erforderlich, da sich auch die zeitlichen Strukturen von Schule verändert haben. Die Ganztagsschule ist Lebensort für Lehrende und Lernende, ein Ort, der vielfältiger Angebote bedarf, damit die Lernenden ihr Potential entfalten können. Dazu werden Lehr-Lern-Arrangements benötigt, die den Lernenden vielfältige mediengestützte Wege in unterschiedlichen Arbeitsformen, vom individualisierten bis zum kollaborativen Lernen ermöglichen. Digital Natives gehen davon aus, dass sie gerade in web-basierten Lernumgebungen über eine große Selbstwirksamkeit verfügen. Diese Einschätzung kann für die Initiierung von Lernprozessen genutzt werden. Schulbibliotheken bieten diese Möglichkeiten: Sie stellen Medien bereit, so dass diese bedarfsorientiert eingesetzt werden können. Freie Bildungsmedien (OER, Open Educational Ressources), die ohne finanzielle und rechtliche Barrieren erreichbar sind, spielen dabei eine wichtige Rolle, auch um der Kommerzialisierung und Ökonomisierung von Bildung durch die Digitalindustrie entgegenzuwirken. Eine veränderte Lehr-Lern-Kultur bedeutet auch, dass Schule sich in den Sozialraum öffnet. Schulbibliotheken unterstützen durch digitale und analoge Vernetzung mit außerschulischen Partner*innen die Durchführung von Angeboten (Veranstaltungen, Workshops, Diskussionen …), die für Kinder, Jugendliche und Eltern offen sind.

Der Ort:
Die Schulbibliothek
Damit der Digitalisierungsprozess nicht zu einer zusätzlichen Belastung für Lehrkräfte wird, sondern im Gegenteil zu deren Entlastung beiträgt ist es notwendig, Lehrer*innen von der Aufgabe der Medienwartung und -verwaltung zu entlasten. Sie gewinnen so Zeit für ihre Kernaufgabe, den Unterricht, zurück. Die ganztägige Öffnung der Schulbibliothek sichert die Zugänglichkeit von Medien und sorgt so für den nachhaltigen Einsatz von Ressourcen. Schulbibliotheken sind mehr als Medienaufbewahrungsräume, sie sind das Herz der Schule. Hier kommen Menschen und Medien zusammen. Ihre räumlichen Gestaltungsmöglichkeiten fördern Begegnung und Kommunikation und regen so Lern- und Bildungsprozesse an. Schulbibliotheken sind Medienkompetenzzentren – zentral gelegen, verlässlich geöffnet, modern ausgestattet und flexibel nutzbar. Dazu trägt variable Möblierung bei, die für die Nutzung in unterschiedlichen Kommunikations- und Arbeitsformen angepasst werden kann. Bibliotheksfachkräfte übernehmen Verzeichnung, Wartung, Pflege der Medien. Die systematische Aufstellung trägt dazu bei, dass jedes Medium schnell gefunden wird. Fachliche Beratung zu Urheberrecht und Datenschutz führen zu Rechtssicherheit bei der Mediennutzung. Durch die softwaregestützte Verwaltung aller Medien und Geräte der Schule in einem digitalen Katalog (OPAC, öffentlich zugänglicher Online-Katalog) sind diese für Lehrende und Lernende jederzeit auffindbar. Dazu gehört selbstverständlich auch die Verwaltung der Lehr- und Lernmitteln. Auf diesem Weg ist es auch möglich, Unterrichtsergebnisse (z.B. Referate, Präsentationen, Abschlussarbeiten) zugänglich zu machen.

Die Voraussetzung:
Technik
Die Basis der Digitalisierung ist Technik: WLAN, Hardware, z.B. in Form digitaler Endgeräte (Whiteboard, Tablets, Beamer, Dokumentkameras …), Clouds und Lernplattformen, aber auch ein Bibliotheksmanagementsystem (OPAC), über das alle Medien und ausleihbaren Geräte der Schule erschlossen werden, zählen dazu. Eine funktionierende, einsatzbereite IT-Ausstattung ist die Voraussetzung für digital gestütztes Arbeiten und Lernen. Um digitale Medien nutzen zu können, ist deren regelmäßige Pflege und Wartung erforderlich: Geräte müssen geprüft und aufgeladen, Softwareupdates installiert werden, technische Neuerungen müssen für Schule zugänglich gemacht werden. Dies kann weder alleine durch eine Systemadministrator*in noch als zusätzliche Aufgabe von Lehrer*innen geleistet werden. Als Vermittlerin zwischen diesen beiden Bereichen fungiert die Schulbibliothek. Dort werden tägliche Aufgaben (Pflege, Wartung, Überprüfung, Ausleihe …) übernommen.

Die Aufgabe:
Kompetenzerwerb
Der Zugang zu Information hat sich durch die Digitalisierung fundamental verändert. Wissen scheint jederzeit an jedem Ort zugänglich zu sein. Im Mittelpunkt steht heute daher nicht nur die Erschließung des Zugangs zu Wissen und Literatur, sondern auch der Umgang damit. Diese neue Komplexität ist für Lernende und Lehrende auch eine Herausforderung: passende Suchbegriffe benennen, relevante Wissensquellen identifizieren und der Umgang damit erfordert neue Kompetenzen. Schule hat das Ziel, durch Bildung Mündigkeit zu erreichen. Eine Voraussetzung dafür ist Medienmündigkeit. Zentrale Aufgabe in diesem Prozess sind die Vermittlung von Informationskompetenz und Leseförderung: Kernkompetenzen einer Bibliothek. Schulbibliotheken unterstützen durch vielfältige Angebote (Bilderbuchkino, Lesekoffer, Lesefeste …) alters- und entwicklungsangepasste Leseförderung. Recherchieren, der kritische Umgang mit Quellen, das Entlarven von fake news sind Grundelemente bibliothekarischer Arbeit. Selbständiges, auch fächerübergreifendes Arbeiten und aktiver Wissenserwerb, wie es in der Schulbibliothek ermöglicht wird, trägt dazu bei, dass Lernende, Verantwortung für den Lernprozess übernehmen können. Schulbibliotheken legen so einen Grundstein, Kompetenzen für lebenslanges Lernen zu entwickeln.

Das Ziel:
Gesellschaftliche Teilhabe
Die Berliner Schule hat den Auftrag, Persönlichkeiten heranzubilden, die fähig sind, das “staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde, der Gleichstellung der Geschlechter und im Einklang mit Natur und Umwelt zu gestalten.” (Schulgesetz für das Land Berlin – Vom 26. Januar 2004). Die Umsetzung dieser Aufgabe wird in einer durch vielfältige gesellschaftliche Umbrüche verunsicherten Gesellschaft zunehmend komplexer und schwieriger. Digitalisierung kann als Chance gesehen werden, die vielfältigen gesellschaftlichen Erwartungen, die an Schule gerichtet werden, zu erfüllen. Dies bedeutet, Sorge dafür zu tragen, dass alle Lernenden an diesem Prozess teilhaben können. Dabei werden Angebote so gestaltet, dass gesellschaftliche Etikettierungen nicht fortgeschrieben, sondern ausgeglichen werden: sie sollen sozialer Spaltung und der Weiterschreibung von Geschlechterklischees entgegenwirken und Inklusion und Partizipation auch in einer digitalisierten Welt ermöglichen. Auch wenn Schüler*innen heute Digital Natives sind, bedeutet das nicht, dass sie Medien kompetent nutzen können. Fehlende Sensibilität im Umgang mit den eigenen Daten im Internet, Cybermobbing oder hate speach zeigen die Gefahren der Digitalisierung für den Einzelnen und die Gesellschaft. Schulbibliotheken lassen Kinder und Jugendliche nicht alleine in der Welt der Datenkraken, sie begleiten den Umgang mit Google, Instagram & Co. kompetent und fördern so auch die informationelle Selbstbestimmung: den Schutz der eigenen Rechte und der Rechte anderer – auch im world wide web.